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Carsten Eckert

Stylus phantasticus

Giovanni Antonio Pandolfi Mealli und seine Zeitgenossen

 

Capriccetti, Toccaten, Sonaten, Passacaglien des 17. Jahrhunderts

 

Johann Heinrich Schmelzer (ca. 1620-1680)
Sonatae unarum fidium; Nürnberg 1664
Sonata quarta

Giovanni Bonaventura Viviani (1638-1692)
Sinfonie, Arie, Capricci, Alemande, Correnti, Gighe &c. Roma 1678
Sonata I
Aria. Adagio - Variatio I – V - Adagio - Presto - Adagio

Giovanni Antonio Pandolfi Mealli
(17. Jhd.) Sonate cio é Baletti Sarabande, Correnti, Passacaglio...; Roma 1669
Capriccetto quarto à 3 «Il Falvetti»

Bellerofonte Castaldi (1580-1649)
Capricci a Due Stromenti cio e Tiorba e Tiorbino e per sonar solo varie sorti Balli Fantasticarie; Modena 1622
Cromatica Corrente
Furiosa Corrente

Giovanni Antonio Pandolfi Mealli
Sonate cio é Baletti Sarabande, Correnti, Passacaglio...; Roma 1669
Capriccetto terzo à 3 «Il Drago»

Giovanni Girolamo Kapsberger (1580-1651)
Intavolatura di chitarone. Libro primo; Venezia 1604
Toccata seconda arpeggiata

Giovanni Antonio Pandolfi Mealli
Sonate a Violino solo, per Chiesa e Camera, op. IV; Innsbruck 1660
Sonata seconda «La Cesta»

Girolamo Frescobaldi (1583-1643)
Toccata ottava
Primo libro di toccate; Roma 1637

Giovanni Antonio Pandolfi Mealli
Sonate a Violino solo, per Chiesa e Camera, op. IV; Innsbruck 1660
Sonata quarta «La Castella»

Sonate cio é Baletti Sarabande, Correnti, Passacaglio...; Roma 1669
Passacaglio à 3 «Il Marquetta»
Adagio - Arietta - Brando - Replica l’Arietta

Antonio Bertali (1605-1669)
Ciaccona

Ausführende:

THEATRE OF THE EARS
Blockflöte, Truhenorgel, Cembalo, Theorbe, Guitarra battente, Barockharfe, Cimbalon und Perkussion

Dauer: ca. 70 Minuten

Programmbeschreibung

Als der Mathematiker, Physiker, Astronom, Musiker Galileo Galilei im Jahr 1610 sein neues Fernrohr mit unvorstellbarer Neugierde auf Mond und Jupiter richtete, stellte er im Handumdrehen die gesamte Vorstellung des Menschen vom Kosmos und seiner Stellung darin auf den Kopf: der Mensch befand sich nicht länger im Zentrum eines abgeschlossenen Universums.

Genau im selben, für das Bewusstsein der Menschheit so revolutionären Jahr, ver-
öffentlichte kein geringerer als Claudio Monteverdi, Kapellmeister von San Marco in Venedig, seine Marienvesper, dieser vielschichtige und die gesamten kompositorischen Möglichkeiten ausschöpfende Klangkosmos: ein Fanfarenruf an geistiger Revolution. Zugleich war es auch ein erster musikalischer Höhepunkt der italienischen Avantgarde, die 1601 ihren Anlauf nahm mit der Veröffentlichung Guilio Caccinis Le nuove musiche («Die neue Musik») - ein Spiegel jener Experimente vor einem aufgeklärten Publikum der Florentinischen Camerata - und der Zusammenfassung Monteverdis seiner den stile antico durch die ausdrucksstärkeren seconda prattica ersetzenden neuen Musikregeln. Wie eine Warnung an alle Reaktionäre, ist Monteverdis Einfluss in jedem Instrumentalwerk des heutigen Abends zu spüren und umso mehr verwundert es, dass sein Name kein einziges Mal auf dem Programm erscheint. Doch Monteverdis Credo, «dass die Rede Herrin und nicht Dienerin der Harmonie sei», führte dazu, dass von ihm keine reine Instrumentalmusik überliefert wurde. Seine Musik bewegte sich noch in dem «Korsett» des Textes. Erst mit einer weiteren revolutionären Entwicklung im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert, dem solistisch geprägten Spiel der Instrumente, insbesondere der Violine und der damit verbundenen Entdeckung der Virtuosität, entstanden Werke, die sich eine vom Text befreite Form suchen mussten. Somit ergab sich wiederum ein immenses Experimentierfeld, mit einer ihm innewohnenden Unberechenbarkeit: dem stylus phantasticus.

Athanasius Kircher, jenem Universalgelehrten vom Format eines Aristoteles, definierte 1650 in seiner Abhandlung über die Musik Musurgia universalis (sic!) den stylus phantasticus als eine «...Kompositionsmethode mit der grössten Freiheit, schöpferisches Talent (ingenium) zu entfalten, frei von Beschränkungen durch Text oder festgelegter Harmonien. Er wurde geschaffen, um das Geheimsystem (ratio abdita) der Harmonie zu zeigen... musikalische Formen dieser Gattung sind Phantasien, Ricercaten, Toccaten und Sonaten.»

In dem ganzheitlichen System der Musurgia universalis - «... darinnen die gantze Philosophie Lehr und Kunst=Wissenschaft von den Sonis, wie auch der so wol theoretisch= als auch practischen Music / mit höchster Varietät geoffenbaret / nicht weniger auch die wunderbare Kraft und Würckung deß Consoni & Dissoni, nicht nur in der Welt / sondern auch in der gantzen Natur / mit gantz neuen / fremden und wunderseltzamen Kunst=proben / zu sonderbaren Nutz und Gebrauch / so wol in einer ieden Kunst=Facultät der gantzen Encyclopedae Philosophicae, als absonderlich in der Philosophi / Rhetoric / Poetic / Physic / Metaphysic / Mathematic / Astronomi / Ethic / Politic / Chymic / Medicin / Mechanic / etc. so dann auch der Theologi / natürlich Magi und Echotectonic / etc. eröfnet, gewiesen und vor Augen gestellet wird...» - nimmt der Begriff stylus phantasticus nur eine untergeordnete Stellung ein. Er umfasst gleich einem Kuriosenkabinett und einer undefinierbaren Quelle der Phantasie alle abstrakten, ungeformten Musikstile, die eher dem menschlichen Unterbewusstsein, der anima als seines Verstandes, dem animus entspringen.

Somit wirft jede der gespielten Sonaten eine Menge an Fragen auf. Immer wieder trifft man auf Rätsel, Verschlüsselungen und merkwürdige Geheimnisse, die, wenn überhaupt, nur in einem grossräumigen Kontext zu verstehen sind. Das alles erfordert ebenso Einfühlungsvermögen und Intuition wie herkömmliche musikwissenschaftliche Fachkenntnisse, zumal doch ein dem Werk unterlegter Text fehlt, der die vom stylus phantasticus an den Musiker gestellte Aufgabe der Beredsamkeit mit allen rhetorischen Tricks eines Schauspielers oder Redners erleichtern könnte.

Nicht ganz ohne Grund wird das Programm von zwei Sonaten umrahmt, deren Kernstück aus jeweils einem Bass-Ostinato - zum einem vier absteigenden Tönen g - fis - e – d, dem sogenannten Quartgang und zum anderen ein 162 mal wiederholter basso à la zoppa - besteht. Diese relativ einfachen Schemata bilden die Grundlage der so beliebten wie flüchtigen Kunst der Improvisation, die gleich einem «Strom bewusster Wahrnehmung» (A. Kircher) exemplarisch in den beiden Werken festgehalten wurde und zum freien Nachahmen anregt.